Saltin-Diät vor dem Marathon – Kohlenhydrat-Power oder Stoffwechsel-Stress

Leider ist der Ausdauersportler kein Kamel. Denn ein Kamel hat uns gegenüber einen großen Vorteil: Es verfügt über sensationelle Eigenschaften, wie zum Beispiel der Fähigkeit, tage- und wochenlang ohne Wasserzufuhr in der Wüste zu überleben. Dies gelingt dem Tier durch die gezielte Umwandlung der Fettdepots in Wasser.

Der Mensch kann das nicht. Er kann zwar Fettspeicher vermehren, was aber meist eher kontraproduktiv für Sportler ist…  Aber es ist ihm möglich, seine Fettspeicher zur Energieversorgung anzuzapfen – mit einigen Einschränkungen.

So muss der Ausdauersportler dafür Sorge tragen, dass seine Energiereserven für die Belastungen, denen er sich stellt, ausreichend sind, bzw. er muss für rechtzeitigen Nachschub sorgen.

Bei Ausdauer-Wettkämpfen (Marathon im Laufsport, Triathlon, Radsport) ist dieses System der Energieversorgung und Synthetisierung der Energieträger häufig der Faktor, welcher – neben einer gezielten Trainingssteuerung und  entsprechendem Vorbereitungstraining – über Erfolg oder Misserfolg bestimmt…

Kohlenhydrat-Boosting: Saltin-Diät für Ausdauersportler

Heute wollen wir die Vorteile und Risiken einer häufig diskutierten Extremernährungsform für Ausdauersportler betrachten: Die Saltin-Diät. Sie beschreibt das Prinzip Carboloading, also extremes Leeren der Speicher und anschließendes Füllen mit dem Ziel, die Glykogenspeicher über 100% zu füllen und damit ein Maximum an Energie zu Verfügung zu haben. Die Saltin-Diät soll circa 7-10 Tage vor dem Wettkampf durchgeführt werden.

Wie geht das und was soll das bringen?

„Wir entleeren unsere Kohlenhydratspeicher eine Woche vor dem Marathon z.B. durch einen Dauerlauf mit gesteigertem Schlussabschnitt.“

www.hahnerwtins.de

Die Hahner-Zwillinge sind bekennende Verwenderinnen der Saltin-Diät nach dem Carboloading-Prinzip. Sie nutzen diese Ernährungsform als Abschluss ihres Trainings vor dem Marathon. Dem Speicherentleerungs-Initial folgt eine 3-4tägige Phase des Kohlenhydratverzichts bzw. der Reduzierung auf 1-5% Kohlenhydrate

Circa 3 Tage vor dem Wettkampf soll dann kohlenhydratreich gegessen werden (Load-Phase), der letzte Tag ist eine Mischernährung. Hier gibt es unterschiedliche Feinkonzepte.

Doch eigentlich beginnt die „Diät“ schon lange vorher: Der Aufbau und die Optimierung des Fettstoffwechsels ist keine kurzfristige Angelegenheit, sondern Ergebnis langandauernder kontinuierlicher Trainingseinheiten über eine bestimmte Dauer in den entsprechenden Herzfrequenzzonen.

Ziel der Diät ist die Nutzung der systematisch vergrößerten Speicherkapazität für den Wettkampf.

Grenzen und Risiken der Saltin-Diät

  • Individuelle Faktoren in der SuperkompensationFettstoffwechsel optimieren dauert Zeit. Das Prinzip der Superkompensation in der Trainingssteuerung besagt vereinfacht ausgedrückt, dass sich Phasen der Belastung mit Phasen der Regeneration abwechseln sollen und sich daraufhin eine Leistungssteigerung einstellt. Hintergrund: Unterschiedliche Regenerationszeit der Energieträger, unterschiedliche Anpassungszeit (neuromuskulär/ zellulär), unterschiedliche Stoffwechselumsetzung (Proteine/ Kohlenhydrate/ Fette).
  • Begrenzte Speicherkapazität: Die Kohlenhydratspeicher liefern nur einen gewissen Anteil an Energie. In der Regel sind das um die rund 500 kcal/ Leber und 1.500 kcal über die Muskulatur, abhängig von der Konstitution des Sportlers. Ja, man kann das trainieren, aber das ist erstens eine langfristige Angelegenheit und zweitens kann der Körper auch nur eine bestimmte Menge an Kohlenhydraten verstoffwechseln, also verfügbar machen. Außerdem stellt sich die Frage danach, wann die Kohlenhydratspeicher gut gefüllt und wann sie ÜBERFÜLLT sind, da dies einer gewissen Erfahrung bedarf.
  • Risiko Leistungsabfall durch Zuckerdefizit: Wenn der Körper nicht daran gewöhnt ist, Leistung ohne Zucker zu erbringen, und in der Woche vor dem Wettkampf plötzlich auf extrem kohlenhydratarme Energiezufuhr umgestellt werden soll, wird dies in den seltensten Fällen problemlos zu verarbeiten sein. Im Gegenteil: Die Leistung kann abfallen, das Training wird extrem schwerfallen, es besteht sogar die Möglichkeit der Atrophie von Muskulatur.
  • Psychische Auswirkung: Diese Form der Diät hat eine Auswirkung auf die psychische Leistungsfähigkeit des Sportlers, bis hin zum Zweifeln daran, ob der Wettkampf überhaupt geschafft werden kann.
  • Energielosigkeit in den Tagen der Saltin-Diät: Müdigkeit, schwere Beine, schlechter Schlaf bewirken dann zusätzlich Frustration und unzureichende Regeneration.
  • Gefahr des Muskelabbaus: Bei einer radikalen Stoffwechselumstellung – ungewohntes Training quasi ohne Kohlenhydrate – zieht sich der Körper möglicherweise die Proteinstrukturen aus der vorhandenen Muskulatur. Somit findet unter Umständen eine Muskelatrophie statt – Die antrainierte Muskelmasse geht teilweise verloren bzw. steht zum Wettkampfzeitpunkt nicht im optimalen Maße zu Verfügung.
  • Achtung Infektgefahr. Die größte Gefahr für den gut vorbereiteten Athleten, der bis kurz vor dem Wettkampf alles richtig gemacht hat – richtig trainiert, richtig ernährt, richtig regeneriert hat – ist die eines plötzlichen Infekts. Das Immunsystem eines trainierten Sportlers ist anfälliger. Besonders kritisch kann es dann sein, wenn man den Körper aus seinem Gleichgewicht bringt: Extreme ungewohnte Ernährungssituationen können dann, genau wie Überanstrengung, Stress, mangelnder Schutz vor klimatischen Einflüssen nach dem Training, Infekten Tür und Tor öffnen – damit ist dann der Wettkampf hinfällig und das ganze harte Training „für die Katz“… (vgl. Open-Window-Effect).
  • Hydrierung – Gewichtszunahme: Wenn in der Carboloading-Phase täglich hohe Mengen Kohlenhydrate zugeführt werden, lagert der Körper parallel bis zu 1,5 kg Wasser ein. Dies bedeutet Mehrgewicht beim Wettkampf…

Á propos Hydrierung & Elektrolyte: Die Empfehlung im Training und vor allem im Wettkampf lautet: Ausreichend Mineralien und Wasser zuführen. Die Versorgung nur mit Wasser ist unzureichend und verdünnt die Konzentration zb von Natrium im Blut (Gefahr der Hyponatriämie). Im Marathon schwitzt der Körper rund 1 Liter oder mehr Flüssigkeit pro Stunde aus – eine gute Hydrierung im Vorfeld und kontinuierliche Versorgung während des Wettkampfes ist wichtig: Es sollten pro Stunde ausreichend elektrolythaltiges Getränk getrunken werden – 400-800 ml. Auch das kann und soll im Vorfeld trainiert werden, weil die Konzentration der Mineralien im Schweiß unterschiedlich ist, und weil es wichtig ist zu wissen, welche Präparate in welcher Zusammensetzung individuell am besten verträglich sind.

Alternative zur Saltin-Diät: gezielte Ernährung & systematisches Training

  • Jegliche Nahrungs- und Getränkezufuhr sollte unbedingt im Training oder in kleineren Wettkämpfen ausprobiert und für gut befunden worden sein! Nicht alles passt für jede/n! Jedenfalls ist Neues wie Riegel, Gels, Nahrungsergänzungsmittel oder eine Extremernährung, ohne sie vorher ausprobiert zu haben, im Wettkampf und der Belastung ungünstig. Im schlimmsten Fall quittiert der Körper das mit Übelkeit, Krämpfen bis hin zum Wettkampfabbruch.
  • Gutes Frühstück mit bewährten Lebensmitteln ca. 3 Stunden VOR dem Wettkampf. Für ausreichende Hydrierung sorgen – aber nicht übertreiben! Zusätzlich 20-30 min vor dem Start 20-30 g KH (kurzkettig). Weiterhin ist es wichtig, auch während des Wettkampfs frühzeitig und kontinuierlich Energie zuzuführen.
  • Trainingssteuerung: Das Entscheidende bei einer Marathonvorbereitung sind und bleiben die langen Läufe. Dazu kommen entsprechende Tempo-, Intervall- und Regenerationseinheiten sowie eine auf den Athleten passende Taper-Phase vor dem Wettkampf.

SCHORK Sports-Tipp

Man sagt, erfahrene Sportler können ihre Marathon-Wettkampfpace ungefähr um 3% verbessern, wenn sie die Saltin-Diät richtig anwenden. Wenn man jedoch noch nie einen Marathon gelaufen ist, oder noch wenig Erfahrung darin hat, ist die Wahrscheinlichkeit höher, durch nicht richtig angewandtes Carboloading nach der Saltin-Methode langsamer zu werden oder gar aussteigen zu müssen, weil man von Krämpfen oder Übelkeit geplagt wird…

Bei einer optimalen Trainingsplanung lassen sich schon über Monate vor dem Wettkampf gezielt die Speicher ausbauen. Neben der aeroben Kapazität werden der Fettstoffwechsel, die Glykogenspeicher, die Resynthese aus der Leber über das Laktat sowie die Zufuhr von Energie von Außen gezielt trainiert. Somit ist dies für die meisten Sportler verträglicher und besser umzusetzen, als eine kurzfristige Aktion wie die Saltin-Diät.

„Mit den Kohlenhydraten können wir nicht schneller laufen, aber wir können unsere Laufgeschwindigkeit bis zum Ende durchlaufen.“

www.hahnerwtins.de

Übrigens: Hast Du eine für Dich passende Wettkampfstrategie? Unser nächster Artikel geht über Strategien – Verschiedene Geschwindigkeiten in Training und Wettkampf – Passende Tempi kontra Überpacen

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Blog für Ausdauersportler

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